Zeit für einen Klassiker

Gestern rief mich ein Bekannter an, er habe von einem Freund einen Roller geschenkt bekommen, der nicht gescheit läuft. Das Fahrzeug springt schlecht an, läuft sehr rau und ginge nach kurzer Fahrt aus. Vllt. hätte ich ja Zeit ihm zu helfen. Nun, Zeit habe ich eigentlich keine, aber besagter Bekannter ist ein wirklich guter Bekannter und ich schulde ihm noch den einen oder anderen Gefallen, also: Bring rüber die Reuse!
Der Roller, über den ich bis dato nichts wusste, stellte sich als 1997er Zip  Fastrider heraus, ein Brüderchen des Schnellen Reiters und insofern ein interessantes Schrauberobjekt. 

Alles in allem ist das Fahrzeug in einem recht brauchbaren, aber doch deutlich verbastelten Zustand. Ein typischer "Dorfjugendroller". Die Lackierung ist grausig, die Aufkleber auf dem Fahrzeug wurden einfach überlackiert! Aber darum gehts ja hier nicht, fahren soll der Haufen, wie er ausieht ist dabei eher zweitrangig.
Erster Schritt war also, wie immer in solchen Fällen, ein kleiner Striptease.
Ohne Verkleidung ist die Technik besser zugänglich. Außerdem konnte ich so meinen neuen (frisch vom Sperrmüll geretteten) Werkstatteppich einweihen ;) .
Im Antriebskasten zeigte sich dann ein Bild der Verwüstung. Der Treibriemen ist völlig verschlissen, die Fliehgewichte waren in Auflösung begriffen und, ich hatte es eigentlich erwartet, auch die Fehlerursache war schnell klar:
Der Antriebsriemen der Ölpumpe war glatt abgerissen. Der klassische Fehler bei diesen Motoren, wobei man hier ehrlich zugeben muss: Das Ding hat lange gehalten! Laut den Werksmarken auf dem Riemen ist es das Originalteil von 1997. Zwar hat der Roller nur knapp 10.000km auf der Uhr, trotzdem ist es erstaunlich. Eigentlich sollte der Riemen ja nach 5.000km oder fünf Jahren gewechselt werden. Bei diesem Zip wird das in Zukunft nichtmehr notwendig sein, denn die Ölpumpe fliegt natürlich raus.
Im Zuge dessen bietet sich auch eine gründliche Prüfung und Reinigung des Vergaser ans. Dieser war jedoch in Ordnung und nur äußerlich verdreckt. 
Der nächste Schritt ist nach einem Ölpumpenabnippler natürlich obligatorisch: Der Zylinder muss runter, denn geklemmt hat der Kübel auf jeden Fall. Die erste positive Entdeckung war dann, dass die Kurbelwelle völlig unversehr ist.
Das Pleuel ist sauber gerade, es gibt keinen Lagerschaden und auch das Nadellager für den Kolbenbolzen ist in bestem Zustand. Hier ist die geringe Laufleistung des Rollers deutlich belegt.
Beim Zylinder gab es dann eine kleine Überraschung. Es handelt sich um einen Originalzylinder von Piaggio, aber nicht den mit dem der Roller seinerzeit ausgeliefert wurde. Die Fabrikmarken von Zylinderblock und Kopf bezeichnen das Baujahr mit 2005.

Der Kolben hat den Klemmer mit geringen Klemmspuren überlebt und ist noch brauchbar. Die dicken Ölkohleanhaftungen und Brennspuren unterhalb der Kolbenringe deuten auf sehr viel Kurzstreckenbetrieb hin. Die Kolbenringe sind völlig verschlissen, hier sind Neuteile notwendig, danach ist der Kolben aber wieder benutzbar. 

Frisch gereinigt zeigt sich der gute Zustand des Druckmachers. Aus dem ramponierten, alten Zip sollte bald wieder ein gut laufender Roller geworden sein. 
Mit dem Planschleifen des Kopfes war dann auch erstmal alles getan was zu tun war, die nächsten Schritte sind erst möglich, wenn die notwendigen Ersatzteile geliefert wurden. Der Roller bekommt auf jeden Fall einen "Rundumschlag" bei den Verschleißteilen, dann sollte erstmal wieder für mehrere Jahre Ruhe einkehren.











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