Tour: Little Berlin, Zwickau und KZ Flossenbürg (12.-14.08.2011)


Deutschland war und ist nicht nur geografisch in der Mitte Europas verwurzelt. Mein Heimatland war und ist auch für das politische Schicksal der Europäer von zentraler Bedeutung. Heutzutage ist diese Rolle glücklicherweise friedlicher und stabilisierender Natur, doch das war nicht immer so. Zwei verheerende Weltkriege gingen von Deutschland aus. Innerhalb eines halben Jahrhunderts stürzten übertriebener und fehlgeleiteter Nationalstolz und ideologische Verblendung die Welt zweimal ins Feuer des Krieges. Zurück blieben beide Male keine Sieger, sondern nur verbrannte Erde, Tot und unsagbares Leid. Der zweite Weltkrieg endete für Deutschland eigentlich nicht am 8. Mai 1945. Zwar kapitulierte an diesem Tag die Wehrmacht bedingungslos vor den Alliierten und den Streitkräften der Sowjetunion, doch eigentlich endete er erst am 3. Oktober 1990, als seine deutlichste Folge, die Teilung Deutschlands in zwei Staaten, beendet wurde. Ein besonders wichtiges Datum aus der Zeit dieser Teilung ist der 13. August 1961. An diesem Tag begann der Bau der Berliner Mauer. Dieses grausige, in Beton und Stacheldraht Gestalt annehmende Symbol für Unfreiheit und Unterdrückung, nicht nur in der DDR sondern in vielen Ländern der Welt.
Doch nicht nur Berlin war einst ein geteilter Ort. Das kleine Dorf Mödlareuth an der Grenze von Bayern und Thüringen war es auch. Die Deutsch-Deutsche Grenze schnitt die Ortschaft in der Mitte durch, teilte hier was in Jahrhunderten zusammengewachsen und stets untrennbar verbunden war. Die US-Soldaten, die an diesem Teil des Eisernen Vorhangs Dienst taten nannten den Ort darum „Little Berlin“. Heute ist Mödlareuth nur noch ein ganz normales Dorf, doch die Geschichte der deutschen Teilung ist hier noch lebendig, im Grenzmuseum, das einen Teil der alten Sperranlagen erhält und so diesen Teil der Geschichte vor dem Vergessen bewahrt. Wolfgang hatte die Idee, diesen besonderen Ort am 50. Jahrestag des Mauerbaus, dem 13. August 2011, zu besuchen. Eine Einladung der ich gerne gefolgt bin und so kam es dann zu dieser Rollertour ins ehemalige Grenzgebiet.


12. August
Wolfgang hatte den Freitag frei und somit Zeit für eine gemütliche Anreise. Ich hatte nicht so viel Glück, sondern musste zunächst arbeiten. Daher ging es erst am frühen Nachmittag von Regensburg aus nach Norden. Die Cosa wartete schon seit dem Vortag beladen in der Garage, trotzdem war zu wenig Zeit um gemütlich über die Landstraße zu bummeln. Kilometerfressen auf der Autobahn ist nicht meine bevorzugte Art zu reisen, aber manchmal hat man eben keine Alternative.
Der alte Panzer bewachte einst die innerdeutsche Grenze, heute markiert er nur noch den Parkplatz und wirbt für das Grenzmuseum in Mödlareuth.

Von Hof aus ist es dann glücklicherweise noch ein Stück über wenig befahrene Nebenstraßen nach Mödlareuth. Wir trafen uns am Parkplatz des Grenzmuseums, fuhren dann jedoch direkt zu unserem Quartier auf einem urigen Bauernhof in der Nähe. Wolfgangs stilsichere Anreise mit dem Trabant sorgte dort für einiges Aufsehen und so wurde es ein langer und gemütlicher Abend mit den Bauersleuten in der Stube.

13. August
Es war damit zu rechnen, dass Wolfgang nicht der Einzige war der die Idee hatte, Mödlareuth an diesem Gedenktag zu besuchen. Darum begannen wir den Tag bewusst früh um vor den großen Touristenströmen das Museum ansehen zu können. Eine seltsame Stille lag über der Sammlung die wir dann auch in aller Ruhe erkunden konnten. Zahlreiche historische Objekte, von Fahrzeugen über Ausrüstungsgegenstände und Uniformen bis zu Dokumenten erzählen die düstere Geschichte der deutschen Teilung in Mödlareuth. Ob es nun die Grenztruppen der DDR, die westdeutschen Bundesgrenzschützer oder die amerikanischen Soldaten waren, sie alle sind hier in diesem Museum noch präsent. Auf seltsam geisterhafte Art beginnen die Artefakte zu sprechen und begleiten uns mit ihren Geschichte hinaus, in den erhaltenen Grenzabschnitt. Sperrwerke, Wachturm, Bunker und die Laufleinen der Wachhunde, sie sind nur noch Relikte, feucht vom morgendlichen Nebel und tot, aber dennoch lassen sie erahnen wie das Leben im Schatten der Mauer hier einst war. Auf beiden Seiten.








Nach einigen Stunden, die erwarteten Touristenströme waren dabei in Mödlareuth einzufallen, verließen wir diesen denkwürdigen Ort. Wolfgang hatte ein weiteres historisches Ziel in der Nähe vorgeschlagen. In der Nähe von Mödlareuth, inmitten des ehemaligen Todesstreifens der innerdeutschen Grenze, befindet sich der so genannte Dreiländerstein. Es ist ein Grenzstein, der das Zusammentreffen der Landesgrenzen von Bayern, Thüringen und Sachsen markiert. Doch seine Umgebung ist mehr als nur ein historisches und aktuelles Grenzgebiet. Es ist ein Beweis dafür, dass noch aus dem größten Übel etwas Wundersames erwachsen kann.

Während die Grenze für Menschen viele Jahre lang unpassierbar war scherte sich die Natur herzlich wenig um die menschliche Dummheit. Zahlreiche seltene und andernorts teilweise ausgestorbene Tier- und Pflanzenarten fanden hier, buchstäblich im Schutz von Minenfeldern und Selbstschussanlagen, einen sicheren Hafen. Damit dies auch ohne die gewaltsam verteidigte Grenze so bleibt, folgt das Naturschutzgebiet Grünes Band heute dem ehemaligen Todesstreifen. Die alte Panzerstraße, die als Patrouillenweg diente, ist heute ein Wanderweg und führt durch die streng geschützte Naturschönheit. 
Trabi-Expedition im Grenzgebiet


Manche Naturschönheiten springen einem ins Auge, andere in die Hand.
am Dreiländerstein
Wir fahren vom Dreiländerstein aus weiter nach Zwickau, um den Tag mit einem etwas angenehmeren Teil der Deutschen Geschichte zu beschließen: Dem alten Horchwerk in der sächsischen Industriestadt. Wolfgangs Trabant begann hier in den 80er Jahren sein Autoleben, doch uns locken mehr die historischen Edelkarossen im Museum.



Nach dem Museumsbesuch begaben wir uns zurück zu unserem Quartier und verbrachten den Abend mit unserem oldtimerbegeisterten Gastgeber. Zu unserer freudigen Überraschung zeigte er uns seine erstaunliche Sammlung. Mehrere historische Fahrzeuge von Opel und Sunbeam verbargen sich in der unscheinbaren Scheune. 


13. August
Nach einem gemeinsamen Frühstück war es für Wolfgang und mich an der Zeit Abschied zu nehmen. Für mich bedeutete dies vor allem, das nachzuholen was ich auf der Anreise versäumt hatte. Gemütliches Rollerfahren auf Landstraßen nämlich. In Hof füllte ich nochmal den Tank der Cosa und stattete dem Fernwehpark einen Besuch ab, bevor ich die Bundesstraße 15 suchte die mich heute nach Hause bringen sollte.


Die nächste große Kreisstadt nach Hof ist Weiden, doch vorher weist ein unscheinbarer Wegweiser auf einen ebenfalls eher unscheinbaren Ort: Flossenbürg. Wie Mödlareuth ist auch Flossenbürg ein kleiner, malerisch gelegener aber eigentlich nicht weiter bedeutsamer Ort, der von menschlicher Grausamkeit und Dummheit ins Rampenlicht der Geschichte gezerrt wurde. Von 1938 bis 1945 betrieben die Nationalsozialisten hier eines ihrer gefürchteten Konzentrationslager. Durch diese Zweigstelle der NS-Vernichtungsmaschinerie erlange die kleine Ortschaft in der Oberpfalz traurige Berühmtheit. Auf dem ehemaligen Lagergelände, das in einem verstörend schönen Talschnitt gelegen ist, befinden sich heute Gedenkstätten und ein Ehrenfriedhof für die hier ermordeten Menschen.






Nach dem stillen Besuch der Gedenkstätte wirkt die Fahrt durch das geschäftige Zentrum von Weiden fast surreal. Gleichzeitig weckt das bunte Treiben der Stadt aber auch die Gewissheit, in einer zumindest für Deutschland guten Zeit zu leben. Es bleibt nur zu hoffen, dass der Wohlstand und das gegenwärtige Glück den Menschen nicht den Blick darauf verbaut, dass nicht jeder das Glück hat in einem friedlichen und freien Land zu leben. Die Denkmale und Relikte der Geschichte sind in solchen Zeiten besonders wertvoll, denn sie halten die Erinnerung wach und mahnen, hoffentlich, die Fehler der Vorväter nicht zu wiederholen.
 Zum Abschluss der Tour, kurz bevor ich meine Heimatstadt erreiche, halte ich noch einmal an. Nabburg bietet Gelegenheit den Tank des Rollers noch einmal zu füllen und anschließend die wunderschöne mittelalterliche Stadt zu genießen. Bei einem Eisbecher in einem gemütlichen Straßencafé beschließe ich für mich diese Tour und bin dankbar für die Zeit in der ich leben darf.


 

 
 

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